Verschnaufpause an den Börsen
US-Aktien konsolidieren nach neuen Höchstständen
Einkaufsmanager mit gemischten Vorzeichen – zaghafte Belebung im Euroraum?
Strategische Allokation konstruktiv für Infrastrukturaktien
Marktausblick von Ann-Katrin Petersen, CFA
Verschnaufpause an den Börsen: US-Aktien konsolidieren nach neuen Höchstständen
Nach neuen Höchstständen beim S&P 5001 und Dow Jones konsolidierten die US-Börsen, insbesondere Technologieaktien, im Verlauf der zweiten Novemberwoche. In Europa bewegten sich die Aktienmärkte auf eher seitwärts, während in Asien Verluste überwogen. Auf Jahressicht schneidet der S&P 500 mit einem Plus von etwa 23% weiterhin besser ab als der globale Markt (18%). Der Wertzuwachs seit Donald Trumps Sieg bei den US-Präsidentschaftswahlen rangiert bei 1% (Datenquelle: LSEG, 15.11.2024).
Die Unterschiede zwischen Europa und den USA machen sich fortgesetzt auch an den Rentenmärkten bemerkbar. Während die Renditen für 10-jährige Bundesanleihen auf Wochensicht nachließen und zu Wochenschluss bei 2,35% rentierten, erreichten ihre amerikanischen Pendants mit über 4,5% neue Sechsmonatshochs. Fed-Chef Jerome Powell hatte angedeutet, dass die US-Notenbank es angesichts der starken Wirtschaft nicht eilig habe, die Zinsen zu senken. Die US-Verbraucherpreise für Oktober untermauerten derweil, dass der Inflationsdruck nur allmählich abnimmt. Nachdem in wenigen Wochen über 100 Basispunkte an Zinssenkungen ausgepreist worden sind, entsprechen die Markterwartungen für Fed-Zinssenkungen bis Ende 2025 inzwischen eher unserer Einschätzung. Der US-Dollar tendierte in diesem Umfeld fester (Datenquelle: LSEG, 15.11.2024).
Uneinheitliche Weltkonjunktur: Einkaufsmanager mit gemischten Vorzeichen – zaghafte Belebung im Euroraum?
Ein wichtiger Taktgeber an den globalen Börsen dürfte in dieser Woche der letzte Gewinnbericht der großen Technologiewerte bzw. „Magnificient 7“2 für das dritte Quartal (Mittwoch) sein.
Die vorläufigen globalen Einkaufsmanagerindizes für November (Freitag) wiederum geben Hinweise auf die weitere Entwicklung der ungleichmäßigen Weltkonjunktur. Das Augenmerk richtet sich nicht zuletzt darauf, wie sich die robuste US-Wirtschaft im vierten Quartal schlägt, und ob der Euroraum nach einem stärker als erwarteten Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal weitere Lebenszeichen zeigt.
Möglicherweise könnte die jüngste Wiederbelebung der Verbraucherausgaben im Euroraum die Stimmung stärker als erwartet aufhellen. Gleichzeitig könnten handelspolitische Risiken zu einer gewissen Vorverlagerung der Produktion und der Exporte in die USA führen (obwohl es dafür möglicherweise noch zu früh ist). Gleichzeitig könnten die Überschwemmungen in Spanien, die politische Unsicherheit in Deutschland und Sorge vor höheren Zöllen die Stimmung belasten.
Im Laufe der Woche werden sich zudem eine Reihe von Mitgliedern der Europäischen Zentralbank (EZB) zu Wort melden, die Anlegern bei der Einschätzung helfen werden, (1) wie wahrscheinlich ein Zinssenkung um 50 Basispunkte im Dezember ist (etwa 30 Basispunkte sind eingepreist) und (2) wie die EZB die wahrscheinlichen Auswirkungen möglicher US-Zölle bewertet.
Für sich genommen könnte die wahrscheinliche Beschleunigung des nominalen Tariflohnwachstums im dritten Quartal (Mittwoch) die Wahrscheinlichkeit einer kernigen EZB-Zinssenkung im Dezember weiter verringern. Allerdings dürfte die EZB weiterhin mehr Aufmerksamkeit auf zukunftsgerichtete Informationen zu Löhnen aus neu unterzeichneten Verträgen richten, die gemäßigter ausgefallen sind.
Die Märkte werden diese Woche auch die britischen Inflationszahlen unter die Lupe nehmen. Die Bank of England hat kürzlich ihre Leitzinsen gesenkt (Quelle: Bank of England, 7.11.2024).
Der langfristige Blick: Strategische Allokation konstruktiv für Infrastrukturaktien
Was bedeuten die jüngsten Entwicklungen für einen strategischen Horizont von fünf Jahren und mehr?
Grundsätzlich bleibt es bei unserer Einschätzung, dass wir in einer Welt leben, die von der Angebotsseite und strukturellen Megakräften geprägt ist, die den Inflationsdruck untermauern und die Zinsen länger hoch halten werden. Das US-Wahlergebnis bekräftigt diese Ansicht.
Die sich abzeichnenden politischen Veränderungen nach den US-Wahlen könnten die geopolitische Fragmentierung und den wirtschaftlichen Wettbewerb auf internationaler Ebene verstärken. Pläne zur Reduzierung der legalen Einwanderung könnten sich auf den Arbeitsmarkt auswirken. Und wir erwarten anhaltende Haushaltsdefizite – ein Faktor, der unserer Ansicht nach US-Langfristrenditen im Laufe der Zeit in die Höhe treibt. Wir bleiben daher bei langfristigen US-Staatsanleihen strategisch vorsichtig. Unsere Präferenz für kurzlaufende Anleihen und britische Staatsanleihen hält uns in Staatsanleihen der Industrieländer übergewichtet.
Im Aktienmarktbereich bevorzugen wir aufgrund attraktiverer Bewertungen weiterhin Schwellenländer gegenüber Aktien aus entwickelten Märkten. Innerhalb der Gruppe der Schwellenländer präferieren wir insbesondere Märkte wie Indien, die sich im Spannungsfeld bedeutender struktureller Umbrüche befinden. Im Segment der Industrieländer halten wir Japan nach wie vor für attraktiv. Im Privatmarktbereich setzen wir auf Infrastruktur, beispielsweise Beteiligungen an Flughäfen und Rechenzentren, die von langfristigen strukturellen Verschiebungen profitieren könnten.
Obgleich die langfristigen Aussichten ungewiss sind, bleiben wir auf einem taktischen Horizont von sechs bis zwölf Monaten risikofreudiger. US-Aktien bleiben in unserem Portfolio übergewichtet, Dies wird durch ein günstiges gesamtwirtschaftliches Umfeld und eine positive Anlegerstimmung, bedingt durch die Klarheit nach den US-Wahlen sowie die Hoffnung auf Deregulierung, unterstützt. Wir sind der Ansicht, dass insbesondere die Energie-, Finanz- und Technologiebranche hiervon profitieren kann.
1) S&P 500 = Aktienindex, der die Wertentwicklung von 500 der größten börsennotierten Unternehmen in den Vereinigten Staaten abbildet
2) Als "Magnificent 7" wird eine Gruppe von Technologiefirmen bezeichen: Alphabet (Muttergesellschaft von Google), Amazon, Apple, Meta (Betreiberin u.a. Facebook, WhatsApp and Instagram), Microsoft, Nvidia und Tesla
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