Transition Center of Expertise: Elektrifizierung des Verkehrs
Auf einen Blick
- Die Automobilbranche ist im E-Auto-Segment in die Wachstumsphase eingetreten: Akzeptanz und Nutzung nehmen rapide zu, die Technologie wird besser und die Kosten sinken.
- Aus globaler Sicht befinden sich die verschiedenen Regionen mit Blick auf die Einführung von E-Fahrzeugen in unterschiedlichen Phasen, wobei China und Europa führend sind, gefolgt von den USA.
- Die Anlagechancen erstrecken sich nicht nur auf die Fahrzeuge selbst, sondern auch auf die Ladeinfrastruktur, die Batterietechnologie und andere neue Entwicklungen.
- Angesichts der Kapitalkosten und des hohen Investitionsbedarfs in vielen Bereichen der Herstellung von E-Autos und beim Aufbau der benötigten Infrastruktur erwarten wir weitere Konsolidierung.
- Zu den Risiken gehören Akzeptanzraten, die niedriger als erwartet ausfallen, geringere Gewinnspannen beim Weiterverkauf von Energie, technologische Obsoleszenz (Veralterung) sowie Engpässe bei Netzkapazitäten und in der Lieferkette.
- Die Möglichkeiten in diesem Bereich sind vielfältig, sowohl an den öffentlichen als auch an den privaten Märkten, und reichen von jungen Unternehmen in der Aufbauphase bis hin zu großen Infrastrukturprojekten.
Über die Transition Centers of Expertise von BlackRock
Der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft gehört zu einer Reihe großer struktureller Veränderungen, die unserer Ansicht nach Volkswirtschaften, Sektoren und Unternehmen von Grund auf umgestalten werden.
Die neuen Transition Centers of Expertise (CoEs) von BlackRock, zu denen auch unser Battery CoE gehört, bündeln das Wissen von mehr als 600 Spezialisten für Nachhaltigkeit und den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft in unserem Unternehmen sowie von externen Experten und Branchenverbänden. Diese virtuell kooperierenden Arbeitsgruppen sind nach Technologiefeldern organisiert und verfügen über Expertenwissen, das die gesamte Kapitalstruktur und viele verschiedene industrielle Wertschöpfungsketten umfasst. Damit tragen sie zu den Einschätzungen bei, die das BlackRock Investment Institute für sein Transition-Szenario (BIITS) nutzt, und helfen, neue Chancen für unsere Kunden zu identifizieren.
Einleitung
Die Beförderung von Personen und Gütern auf dem Landweg ist für etwa 12 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich.1 Dank der jüngsten Fortschritte bei der Batteriespeicherung wird die Elektrifizierung des Straßenverkehrs unserer Ansicht nach eine zentrale Rolle beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft spielen.
Das Transition-Szenario des BlackRock Investment Institute geht davon aus, dass sich die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen bis 2030 im Vergleich zu heute etwa versiebenfachen wird, wobei die USA die Spitzenposition einnimmt. Die Gründe dafür sind unter anderem niedrigere Kosten, die zunehmende Verfügbarkeit öffentlicher Ladeinfrastruktur sowie eine Reihe von Regelungen, die den Verkauf oder die Herstellung von Verbrennern in den 2030er-Jahren verbieten werden. Infolgedessen erwarten wir, dass bis 2050 fast jeder Neuwagen auf der Welt einen Elektroantrieb haben wird.
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Ob sich Verbraucher entscheiden, ihre E-Fahrzeuge zu Hause oder an öffentlichen Stationen aufzuladen, hängt nicht zuletzt auch von der Ladeleistung und der daraus folgenden Ladegeschwindigkeit ab – die Spanne reicht hier von Minuten bis Stunden.2
Es ist anzunehmen, dass technische Verbesserungen ein schnelleres Laden ermöglichen und dass künftig mehr leistungsstarke Ladestationen (150 kW und mehr) verfügbar sein werden.
Bei mittelschweren und schweren Fahrzeugen wie Bussen und Lkws sieht die Sache jedoch etwas anders aus. Diese Fahrzeuge legen längere Strecken zurück, befördern schwerere Lasten und sind einen wesentlich größeren Teil des Tages auf der Straße. Das heißt, sie benötigen größere Batterien, leistungsstärkere Ladestationen und häufig Lademöglichkeiten in Depots mit logistisch optimierten Zeitplänen.
Das könnte bedeuten, dass Flottenbetreiber mit effektiven zeit- und bedarfsgesteuerten Ladestrategien oder speziellen Ladenetzen für schwere Nutzfahrzeuge in der Ausbauphase der öffentlichen Infrastruktur am besten in der Lage sein werden, die Ausfallzeiten ihrer Flotte zu minimieren.
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Die zusätzliche Belastung der regionalen Stromnetze durch das Laden von Elektrofahrzeugen wird Prognosen zufolge den weltweiten Stromverbrauch bis 2050 um etwa 15 % erhöhen.3 Dies könnte ein Problem darstellen. Allerdings vollzieht sich der erwartete Nachfrageanstieg im Laufe von Jahrzehnten, was den Netzbetreibern ausreichend Zeit gibt, vorhandene Stromnetze zu modernisieren und auszubauen. Ein kritischer Punkt bleibt jedoch: Netzbetreiber könnten Schwierigkeiten haben, die steigenden Anfragen zur Netzanbindung neuer Anlagen zeitnah umzusetzen.
Aber es gibt auch Lichtblicke, so etwa Technologien, die es E-Fahrzeughaltern ermöglichen, Netzbetreibern die Batterien ihrer Fahrzeuge als Energiespeicher zur Verfügung zu stellen. Dies verbessert nicht nur die Netzstabilität, sondern bietet Fahrzeugbesitzern auch die Möglichkeit, vom neuen Energiesystem zu profitieren.
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Die technologische Innovation, der politische Wandel und die Veränderungen in den Vorlieben von Verbrauchern und Anlegern können dazu führen, dass ein Wendepunkt erreicht wird, an dem sich die bislang linear verlaufende, sukzessive Dekarbonisierung exponentiell beschleunigt.
Allerdings preisen die Märkte künftiges Gewinnwachstum manchmal schon ein, bevor ein solcher Wendepunkt erreicht ist. Dies beeinflusst die potenziellen Anlagechancen. Teilweise können die Bewertungen dann auch übers Ziel hinausschießen.
So sind etwa die Bewertungen vieler E-Fahrzeughersteller in die Höhe geschossen, dann aber im vergangenen Jahr wieder gefallen, obwohl ihr Marktanteil insgesamt weiter wuchs.4 Daher denken wir, dass eine detaillierte Analyse erforderlich ist, um rund um das Thema Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft Chancen zu finden, die vom Markt noch nicht eingepreist sind.
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Unserer Ansicht nach gibt es attraktive Anlagechancen in der gesamten Wertschöpfungskette rund um die Verkehrswende.
Dabei haben Unternehmen Wettbewerbsvorteile, die bereits selbst in Bereichen wie dem Tankstellengeschäft aktiv sind oder überall dort funktionierende Kooperationen haben, wo es um den Komfort und die Bequemlichkeit der Kunden geht.
Im Umfeld öffentlicher Ladestationen können ergänzende Geschäftsmodelle, die den Kunden während der Wartezeit Einkaufsmöglichkeiten und Dienstleistungen zur Verfügung stellen, starkes Wachstum verzeichnen. Ein Beispiel dafür ist die jüngste Übernahme von Travel Centers of America, einem US-amerikanischen Betreiber von Autobahnraststätten, durch BP.5 Der Mineralölkonzern erweiterte so seine Einzelhandelssparte und gleichzeitig seinen Bestand an E-Fahrzeug-Ladestationen.
Insgesamt hat die Phase der Elektrifizierung bereits begonnen. Sie ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft und steht daher im Fokus aktueller Anlagechancen. Staatliche Anreize, der Wandel der Verbraucherpräferenzen und technologische Entwicklungen, insbesondere bei den Batterien, verändern die Bedingungen für E-Fahrzeuge und ihre Infrastruktur rapide. Daraus entstehen Anlagechancen, bei denen es sich lohnt, genauer hinzuschauen.
MegaForces: Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft
Fragen und Antworten
Folgende Experten gehören zu unserem Mobility Center of Expertise: Patrick Bydume, verantwortlich für Investitionen in energiebezogene Infrastruktur, SuetChee Chiong, spezialisiert auf private Unternehmen in der Frühphase, Giovanni D’Andria, investiert in Energieinfrastruktur in ganz Europa, Hannah Johnson, aktive Managerin an den öffentlichen Märkten, und Paddy O’Kane, Vorsitzender des BlackRock Mobility Center of Expertise.
Wo sehen Sie die größten Chancen bei der Elektrifizierung des Landverkehrs?
Giovanni D’Andria: Wir konzentrieren uns zwar auf bestimmte Chancen, aber es ist wichtig, sich klarzumachen, dass es eine Vielzahl von Chancen gibt. Blicken wir auf die Infrastruktur, so besteht ganz klar eine Diskrepanz zwischen den Fahrzeugen auf der Straße und den verfügbaren öffentlichen Ladestationen. Wir sehen darin eine deutliche Anlagechance.
Diese Diskrepanz hat unterschiedliche Auswirkungen. Wichtig ist vor allem, sicherzustellen, dass eine Ladeinfrastruktur zur Verfügung steht. Außerdem fehlen Hochleistungs-Ladestationen. Ein weiterer Schwerpunkt ist neu hinzugekommen, nämlich Ladesäulennetze für den Fernverkehr. Denn anfangs konzentrierte man sich bei E-Fahrzeugen nur auf die Nutzung innerhalb eines kleinen Radius.
Neu ist auch die Möglichkeit, in Ladestationen zu investieren, die länger halten, und mit denen insofern auch längerfristige Investitionen verbunden sind. Da die Technologie immer ausgereifter wird, erhöhen sich die Eintrittsbarrieren für neue Wettbewerber. Daher denken wir, dass künftig einige wenige Anbieter den Sektor dominieren werden.
Hannah Johnson: Ja, bei den am heftigsten umstrittenen Angeboten zeichnet sich ab, dass einige wenige die Gewinner sein werden. In mehreren Szenarien könnte es zu einer Konsolidierung unter den börsennotierten Infrastrukturanbietern kommen, insbesondere bei fallenden Bewertungen. Da eine Konsolidierung üblicherweise die Standardisierung verbessert, dürfte sie dazu beitragen, die technologischen Risiken zu entschärfen.
Bei Komponenten wie dem Elektromotor, der Batterie, den Rohstoffen und der Software könnte auch das Volumengeschäft eine Rolle spielen. So kann etwa ein Softwaresystem seine Gewinnspannen schnell verbessern, wenn die Akzeptanz steigt.
SuetChee Chiong: Da die E-Auto-Technologie immer ausgereifter wird, haben sich auch die Möglichkeiten für Transaktionen vom Risikokapital hin zu Private Equity und Infrastruktur verschoben, vor allem wenn man auf Produktion und Ladeinfrastruktur blickt.
Aber die Entwicklung ist nicht in allen Sparten auf dem gleichen Stand. So ist der Bereich der E-Pkws relativ weit fortgeschritten, der Nutzfahrzeugsektor beginnt hingegen gerade erst mit der Elektrifizierung. Derzeit setzen vor allem Logistikunternehmen auf elektrische Flotten, wenn sie ihren CO2-Fußabdruck aktiv verringern und von den niedrigeren Gesamtbetriebskosten profitieren möchten. Denn gewerbliche Käufer lassen sich eher von wirtschaftlichen Erwägungen und einem klaren Geschäftskonzept leiten als von Emotionen.
Langsam entwickeln sich aber innovative kommerzielle Dienstleistungsmodelle rund um Elektrofahrzeuge, die die Elektrifizierung im Nutzfahrzeugsektor weiter beschleunigen werden. Die meisten traditionellen Logistikunternehmen haben wenig bis gar keine Kompetenzen im Bereich der Elektrifizierung, was Raum für diese Dienstleister schafft.