Interview mit Dirk Schmitz

Verantwortung als Treuhänder - 30 Jahre BlackRock Deutschland

Seit 1994 ist BlackRock in Deutschland aktiv, seit 2018 mit Dirk Schmitz an der Spitze als Deutschland Chef. Höchste Zeit also einmal zurückzublicken. Was ist in den vergangenen 30 Jahren passiert? Welche Entwicklungen gibt es aktuell, und wo sieht Dirk Schmitz Chancen für die nächsten 30 Jahre?

Dirk Schmitz, Länderchef von BlackRock in Deutschland

Beginn der Karriere

Hallo und herzlich willkommen, Herr Schmitz. Schön, dass Sie Zeit gefunden haben, mit uns ein wenig über 30 Jahre BlackRock in Deutschland zu sprechen. Zuerst einmal würde mich interessieren, wie Sie persönlich zu BlackRock gekommen sind.

Dirk Schmitz: Gerne. Ich habe nach meinem Studium in Bayreuth erst für einige Banken gearbeitet, unter anderem für J.P. Morgan, Morgan Stanley und auch für die Deutsche Bank, bis ich 2018 zu BlackRock kam. Bei BlackRock reizte mich vor allem die Unternehmenskultur. Bevor ich meinen Vertrag bei BlackRock unterschrieben habe, habe ich nicht nur mit etlichen Mitarbeitern gesprochen, ich war auch in New York und durfte dort die Gründer Larry Fink und Rob Kapito kennenlernen. Das hat mich fasziniert.

Von den Banken in die Vermögensverwaltung. Was macht für Sie den größten Unterschied aus?

Dirk Schmitz: Ein entscheidender Unterschied ist die Tatsache, dass ich nichts mehr verkaufe. In einer meiner früheren Rolle im Bankenbereich habe ich Derivate an institutionelle Kunden verkauft. BlackRock verwaltet die Gelder seiner Kunden treuhänderisch, das ist natürlich eine ganz andere Verantwortung. Als Dienstleister stehen wir eher an der Seite des Kunden als ihm gegenüber. Zudem nutzen wir unsere Analyse-Plattform Aladdin, die wir auch unseren Kunden anbieten, für das Risikomanagement. Auch das ist Teil unserer Unternehmens-DNA.

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Als ich 2018 zu BlackRock kam, gab es weniger als eine Million ETF-Sparpläne in Deutschland. Inzwischen sind es mehr als sieben Millionen.2

Dirk Schmitz

Meilensteine der Entwicklung

Könnten Sie uns erläutern, wo BlackRock heute steht, bevor wir uns einige Meilensteine auf dem Weg dorthin genauer anschauen?

Dirk Schmitz: BlackRock ist nun schon seit 1994 in Deutschland aktiv und fest in der Region verwurzelt. Inzwischen zählt die DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) zu den wichtigsten Märkten nach den USA. Wir beschäftigen in unseren Büros in Frankfurt und München inzwischen mehr als 170 Mitarbeiter.1 Als ich vor sechs Jahren bei BlackRock angefangen habe, war das Team noch deutlich kleiner.

Gibt es weitere Entwicklungen, die Sie als wichtige Meilensteine bezeichnen würden?

Dirk Schmitz: Klar, eine großartige Entwicklung ist zweifellos der herausragende Erfolg der ETFs als Geldanlage (ETF steht für Exchange Traded Fund, auf Deutsch: börsengehandelter Indexfonds). Da ist in den letzten Jahrzehnten sehr viel passiert. Als ich 2018 zu BlackRock kam, gab es weniger als eine Million ETF-Sparpläne in Deutschland. Inzwischen sind es mehr als sieben Millionen.2 Damit ist es uns gelungen, viele Menschen in diesem Land dabei zu unterstützen, ihre Altersvorsorge auf eine solide Basis zu stellen. Und wir gehen davon aus, dass diese Entwicklung bei weitem noch nicht ihren Höhepunkt erreicht hat.

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Wir sind Treuhänder unserer Kunden, unsere entscheidende Aufgabe liegt darin, sie zu unterstützen, ihre langfristigen finanziellen Ziele zu verwirklichen.

Dirk Schmitz

Verwurzelt in Deutschland

Sie haben gesagt, BlackRock sei fest in der Region verwurzelt: Welche Rolle spielen denn deutsche Kunden und Unternehmen für BlackRock?

Dirk Schmitz: Viele Kunden schätzen die deutsche Wirtschaft und möchten hier investiert sein. Diesem Wunsch folgend sind wir derzeit mit rund 80 Milliarden Euro in DAX-Unternehmen (DAX = Deutscher Aktienindex) investiert und damit einer der größten institutionellen Investoren im deutschen Leitindex.3 Wir waren auch das erste Unternehmen, das einen DAX-ETF aufgelegt und damit deutschen Sparern die Möglichkeit eröffnet hat, am Erfolg der heimischen Wirtschaft zu partizipieren. 

Wie gestaltet sich die Beziehung zu Ihren Kunden? 

Dirk Schmitz: Zunächst einmal ganz grundsätzlich: Wir sind Treuhänder unserer Kunden, unsere entscheidende Aufgabe liegt darin, sie zu unterstützen, ihre langfristigen finanziellen Ziele zu verwirklichen. Wir ermöglichen es unseren Kunden, genauso zu investieren, wie sie es für richtig halten, indem wir ihnen eine möglichst breite Produktpalette zur Verfügung stellen. Zudem arbeiten wir eng mit Unternehmen zusammen, in die wir investieren, um wesentliche Geschäftsrisiken und -chancen zu identifizieren, die sich auf deren Fähigkeit auswirken können, langfristig attraktive Renditen zu erzielen. 

Wie sieht es denn hinsichtlich der Investitionsmöglichkeiten im deutschen Markt aus? 

Dirk Schmitz: Da gibt es einige spannende Themen. Zum Beispiel schaffen wir neue Möglichkeiten in Privatmarktanlagen zu investieren, etwa durch Beteiligungen an Infrastrukturunternehmen wie Ionity,4 das europaweit Ladestationen für Elektroautos betreibt. Wir arbeiten weiterhin daran, Menschen in Deutschland Zugang zu neuen Investmentformen zu ermöglichen, wie etwa mit dem sogenannten European Long-Term Investment Fund, kurz ELTIF. Mit einem ELTIF können Privatanleger in Bereiche investieren, die bislang überwiegend institutionellen Investoren vorbehalten waren. Dazu gehören unter anderem Infrastruktur, Private Equity und beispielsweise Private Debt.5

Warum ist das wichtig?

Dirk Schmitz: Das hat einen einfachen Hintergrund. Vielleicht dazu ein paar Zahlen. Nur 12 % der globalen Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 100 Millionen US-Dollar sind börsennotiert, wohingegen 88 % der Unternehmen in privater Hand liegen.6 Der eben schon erwähnte ELTIF etwa bietet Zugang für Investoren zu solchen Unternehmen. Damit können auch Privatanleger in den Umbau der Wirtschaft und damit in die großen strukturellen Trends wie die Digitalisierung oder den Wandel zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft investieren – auch in Unternehmen jenseits der Börse. Das Investieren in Energieinfrastruktur wie Windparks oder Solaranlagen, aber auch in Datenzentren wird damit für Privatanleger möglich. 

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Generell ist es uns ein großes Anliegen, jeder Privatperson in Deutschland die Möglichkeit zu geben, selbst in die eigene Zukunft zu investieren.

Dirk Schmitz

Vorsorgen für das Alter

Eine der häufigsten Motivationen für die Geldanlage ist zumeist die Altersvorsorge. Wie unterstützt BlackRock in diesem Bereich?

Dirk Schmitz: Völlig richtig. Der demografische Wandel ist auch in Deutschland ein Thema. Es wird zunehmend schwierig die Rentenansprüche mit der schrumpfenden Zahl der Arbeitnehmer zu finanzieren. Wir hoffen mit unserer langjährigen Expertise und unseren Produkten einen Beitrag leisten zu können, dass jeder die Möglichkeit hat im Alter finanziell abgesichert zu sein. 

Wie das?

Dirk Schmitz: Zu unseren Kunden gehören viele Renten- und Pensionskassen, die uns das Geld ihrer Einzahler anvertrauen. Vorsorge für das Alter zu ermöglichen, ist eines unserer wesentlichen Ziele als Firma. Etwa zwei Drittel des uns anvertrauten Geldes dient der Altersvorsorge.7 Wir kümmern uns im Auftrag unserer Kunden aktiv darum, dass Pensionsverpflichtungen bedient werden können. Das gilt nicht nur für institutionelle Kunden, sondern auch für Privatanleger. In Zusammenarbeit mit Banken und Brokern stellen wir die Verfügbarkeit von ETF-Sparplänen für die Altersvorsorge sicher. Wobei ein ETF-Sparplan natürlich auch eine gute Idee ist, um sich andere langfristige Wünsche zu ermöglichen. 

Generell ist es uns ein großes Anliegen, jeder Privatperson in Deutschland die Möglichkeit zu geben, selbst in die eigene Zukunft zu investieren. Dafür arbeiten wir stets an neuen Produkten, die nicht nur finanziell attraktiv sind, sondern Kunden auch erlauben so zu investieren, wie es ihren Vorstellungen und Absichten entspricht. Wer beispielsweise in die Dekarbonisierung der Wirtschaft investieren will, soll diese Möglichkeit haben.

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Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion sind zentrale Werte bei BlackRock. Diesen Werten folgen wir auf globaler wie lokaler Ebene.

Dirk Schmitz

Verantwortung vor Ort

Dekarbonisierung ist ein wichtiges Thema in Deutschland. Wie ist BlackRock bei diesem Thema aufgestellt?

Dirk Schmitz: Wir investieren für unsere Kunden in erneuerbare Energien und haben erst kürzlich 200 Millionen US-Dollar in den Frankfurter Solaranlagen-Spezialisten Enviria investiert.8 Der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft ist eine der großen strukturellen Veränderungen in der Wirtschaft. Wir sehen bei unseren Kunden ein erhebliches Interesse an dieser Entwicklung zu partizipieren und erweitern unser Angebot ständig, um ihnen passende Anlageprodukte und -strategien zur Verfügung zu stellen.

Was waren denn für Sie BlackRocks weitere Meilensteine in Deutschland?

Dirk Schmitz: Ich versuche, es kurz und prägnant zu halten. Vor 30 Jahren begann unsere Geschichte in Deutschland mit zehn Mitarbeitern in Frankfurt. Sieben Jahre später, 2001, haben wir den ersten ETF auf den deutschen Aktienindex DAX angeboten. Seitdem haben sich ETFs auch hierzulande durchgesetzt und zu einer der beliebtesten Anlageformen entwickelt.9

Einer unserer aktuelleren Meilensteine war die Auflage der iBonds im vergangenen Jahr, eine Produktinnovation im Bereich der Anleihen-ETFs. iBonds ETFs bieten Anlegern ein diversifiziertes Anleihenportfolio, wie in einem Fonds, ein festes Fälligkeitsdatum, wie bei einer klassischen Anleihe, und der iBonds ist handelbar, wie eine Aktie.10 Wir sehen das als großen Fortschritt in der Demokratisierung der Finanzmärkte.

Stichwort Social Responsibility. Für welches gesellschaftliche Engagement steht BlackRock?

Dirk Schmitz: Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion sind zentrale Werte bei BlackRock. Diesen Werten folgen wir auf globaler wie lokaler Ebene. Zudem ist es uns wichtig, etwas an die Gesellschaft zurückzugeben. Wir unterstützen daher an unseren beiden Standorten in Deutschland Vereine und Organisationen wie Die Arche, die sich dem Kampf gegen Kinderarmut verschrieben haben. Wir machen mit den Kindern Ausflüge oder packen bei der Organisation des Sommerfests mit an. In Frankfurt unterstützen wir zum Beispiel den Franziskustreff für obdachlose und hilfsbedürftige Menschen oder Initiativen für Integration und Flüchtlingshilfe.

Vielleicht zum Ende unseres Interviews noch eine persönliche Frage. Was hat Ihr Interesse an Kapitalmarktthemen geweckt?

Dirk Schmitz: Das könnte meine erste Aktie gewesen sein, die ich im Alter von 13 Jahren geschenkt bekam: eine Aktie der Höchst AG, von der man die Dividendenkupons noch physisch abschneiden konnte. Das hat mein Interesse für Unternehmen und Börsen geweckt.

 

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Schmitz. 

[1] Blackrock, Blackrock in Deutschland, 31/05/2024.
[2] Statista, Anzahl der ETF-Sparpläne in Deutschland bis 2023, 21/03/2024 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1447384/umfrage/anzahl-der-etf-sparplaene-in-deutschland/#:~:text=Der%20ETF%2DSparplan%2DMarkt%20in,7%2C1%20Millionen%20St%C3%BCck%20ansteigen
[3] S&P Global Market Intelligence, 2023.
[4] IONITY, IONITY kündigt eine Investition von 700 Millionen Euro an, um den schnellen Ausbau von E-Ladenetzen und ein beschleunigtes Wachstum in ganz Europa zu ermöglichen, 24/11/2021.
[5] Reiher, I. Investieren wie die Reichen – wie funktionieren und was taugen ELTIFs?, Capital, 11/02/2024 https://www.capital.de/geld-versicherungen/eltif-fonds--so-funktioniert-geld-investieren-wie-die-reichen-34311470.html
[6] Capital IQ, BlackRock. 31/03/2023
[7] OMR Podcast (#652), Blackrock-Deutschland-Chef Dirk Schmitz, 10/12/2023 
[8] Köhler, Handelsblatt, Blackrock investiert 200 Millionen Dollar in Frankfurter Solardach-Spezialisten, 29/02/2024.
[9] ExtraETF, ETF-Sparplanstudie 2023, https://extraetf.com/de/wissen/etf-sparplan-markt-kontinentaleuropa, September 2023
[10] iShares iBonds ETFs | iShares; o.Z.